Gemeinschaftsprojekt von Fraunhofer-Gesellschaft und Max- Planck-Gesellschaft zur schnellen und schonenden Untersuchung von Herzpatienten erfolgreich abgeschlossen.
Herzerkrankungen lassen sich heute mit der Magnetresonanz-Tomographie schonend, präzise und kostengünstig diagnostizieren. Doch die Methode hat Grenzen: Kinder sowie Patienten mit Herzrhythmusstörungen lassen sich nur eingeschränkt untersuchen. Abhilfe verspricht nun ein Gemeinschaftsprojekt des Fraunhofer-Instituts für Bildgestützte Medizin MEVIS und des Max- Planck-Instituts für Biophysikalische Chemie. Den Experten ist es gelungen, die Bildaufnahmen erheblich zu beschleunigen und damit das Einsatzfeld der Methode zu erweitern.
Für die Diagnose von Herz-Kreislauf-Erkrankungen spielt die Magnetresonanz-Tomographie (MRT) eine immer wichtigere Rolle. Die Gründe: Sie belastet die Patienten nicht mit Röntgenstrahlung, und anders als ein Herzkatheter ist sie nichtinvasiv, also mit keinem Eingriff verbunden. Außerdem liefert ein MR-Scanner Informationen, die kein anderes bildgebendes Verfahren zu geben vermag. So kann er den Zustand des Herzmuskelgewebes klassifizieren. Aufgrund dieser Vorteile erfolgen immer mehr Herzaufnahmen per MRT – auch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie empfiehlt den verstärkten Einsatz von MRT-Bildgebung zur Herzdiagnostik.
Bislang aber lässt sich die Methode nur mit Einschränkungen nutzen. Der Grund: Die Bildaufnahme erfolgt nicht schnell genug, um die Bewegungen des Herzens, verursacht durch Atmung und Herzschlag, direkt nachzuverfolgen. Um die Atembewegung zu verhindern, müssen die Patienten deshalb während der Untersuchung die Luft anhalten. Gleichzeitig müssen sie an ein EKG angeschlossen sein, das ihren Herzschlag erfasst. Nur so lässt sich bei der Bildrekonstruktion nachträglich feststellen, zu welcher Phase des Herzschlags eine bestimmte Aufnahme gehört.
Für einige Patientengruppen bereiten diese Einschränkungen Probleme: Kleinkinder, die ihren Atem nicht kontrollieren können, müssen bislang für die Bildaufnahme in der Regel sediert werden. Und bei Menschen, die an Herzrhythmusstörungen leiden, versagt das Verfahren zumeist: Bei ihnen liefert das EKG keine verlässlichen Daten für die Rekonstruktion der Bilder.
Abhilfe kann nun CaFuR (Cardiac Function in Realtime) schaffen, ein kürzlich abgeschlossenes Gemeinschaftsprojekt von Fraunhofer-Gesellschaft und Max-Planck-Gesellschaft. Beteiligt war die Biomedizinische NMR Forschungs GmbH am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen sowie das Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS in Bremen. Die Göttinger Experten um Prof. Jens Frahm haben eine Methode entwickelt, die MRT-Aufnahmen in Echtzeit ermöglicht. „Bilder mit extrem verkürzten Messzeiten gestatten es nun, Filme vom schlagenden Herzen aufzunehmen: mit 30 bis 50 Bildern pro Sekunde, bei freier Atmung und ohne EKG. Damit wird es erstmals möglich, direkt die Reaktionen des Herzmuskels oder des Blutflusses bei körperlicher Belastung zu beobachten“ erklärt Prof. Frahm.
Fraunhofer MEVIS entwickelte die dafür nötigen Bildanalysemethoden – insbesondere einen Algorithmus, der in den Daten automatisch die Atem- und Kontraktionsphasen des Herzens identifiziert, ohne dabei auf EKG-Informationen angewiesen zu sein. „Eine Herausforderung bestand unter anderem in den beträchtlichen Datenmengen“, erläutert MEVIS-Projektleiterin Dr.- Ing. Anja Hennemuth. „Bei einer Untersuchung fallen bis zu 8 Gigabyte an Bilddaten an, die vom Arzt nicht mehr manuell ausgewertet werden können.“
Ein weiteres Problem: Die in schneller Folge aufgenommenen Bilder weisen weniger klare Kontraste als herkömmliche MRT-Aufnahmen auf. So können die Intensitätsunterschiede zwischen Blut und Gewebe wechseln, was es schwierig macht, beide verlässlich zu unterscheiden.
„Mit den klassischen Methoden kommt man da nicht weiter“, betont Hennemuth. „Wir mussten neue, selbstlernende Algorithmen entwickeln, die auch bei wechselnden Kontrasten den Herzmuskel zuverlässig finden.“
In ersten Tests hat sich das Verfahren schon bewährt. Kinderkardiologen nutzen es bereits in der Forschung. Dank der neuen Methode können die Kinder nun wach im MR-Scanner liegen und zum Beispiel in die Pedale eines Liegerad-Hometrainers treten. Damit lässt sich ihr Herz nun auch unter definierter Belastung untersuchen. Da kein EKG mehr angeschlossen werden muss, verringert sich die Zeit für die Bildaufnahme um bis zu 50 Prozent – angenehm für die Patienten und kostensparend für die Kassen. Ferner erlaubt das Verfahren, neuartige diagnostische Informationen zu gewinnen und die individuelle Herzfunktion genauer zu charakterisieren, etwa bei Patienten mit Herzrhythmusstörungen.
Am Universitätsklinikum Göttingen hat die klinische Erprobung bereits begonnen, bald sollen weitere Zentren folgen. „Eine neue Hardware ist nicht nötig, es genügt eine Software- Erweiterung für die bestehenden MRT-Geräte“, sagt Anja Hennemuth. „Wir hoffen, dass die Methode schon im kommenden Jahr einsatzbereit ist.“