Die Magnetresonanztomographie (MRT) zählt zu den wichtigsten Bildgebungsverfahren der Medizin. Sie ermöglicht schonende 3D-Aufnahmen aus dem Inneren des Körpers, ganz ohne belastende Röntgenstrahlung. Allerdings ist der Einstieg in die Technologie nicht einfach. Insbesondere das Programmieren der MR-Sequenzen – jener Abfolgen von Befehlen, nach denen ein MR-Scanner seine Bilder aufnimmt – stellt bislang eine Herausforderung dar.
Die von Fraunhofer MEVIS entwickelte Software-Plattform gammaSTAR kann die Prozeduren erheblich vereinfachen und standardisieren. Auf einem Workshop am 20. und 21. Januar stellte das Institut die neuen Möglichkeiten Studierenden verschiedener Fachdisziplinen vor. In Zukunft soll die erfolgreiche Veranstaltung regelmäßig wiederholt und Teil des Studienangebots des Fachbereichs 1 an der Universität Bremen werden.
Das Programmieren einer MR-Sequenz ist komplex und benötigt Spezialwissen. »Bislang hat jeder Hersteller dafür seine eigene Software, eng verzahnt mit der jeweiligen Geräte-Hardware«, sagt Matthias Günther, stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer MEVIS und Professor für MR-Physik an der Universität Bremen. »Jedes Mal, wenn sich etwas an der Ansteuerung der Hardware ändert, muss die komplette Programmierung neu gemacht werden.« Nicht zuletzt deshalb sind bisher nur wenige Mediziner:innen in der Lage, neue MR-Sequenzen zu entwickeln, um diese an eine spezielle Fragestellung anzupassen. Auch Studierende haben bisher kaum die Möglichkeit, sich an der Entwicklung von MR-Sequenzen zu versuchen.
Die Software-Plattform gammaSTAR vereinfacht die bislang komplexen und umständlichen Prozeduren. So kann die Programmierung einer MR-Sequenz ohne vertieftes Fachwissen per Mausklick mit vorgefertigten Bausteinen erfolgen. Und statt für jedes MR-Gerät eine neue Sequenz schreiben zu müssen, programmiert man nur noch eine Sequenz, die gammaSTAR automatisch für unterschiedliche Gerätetypen übersetzt.
Das Konzept des Workshops ist interaktiv, die Teilnehmenden können sich an verschiedenen Stationen mit der Technologie vertraut machen. Hands-On-Experimente mit Magnetspulen und Stimmgabeln bieten einen anschaulichen Einblick in die physikalischen Hintergründe der MRT. Ferner können die Studierenden eine MR-Sequenz mit einer vereinfachten Version von gammaSTAR am Rechner programmieren und sich die Ergebnisse per Computersimulation auf dem Monitor anzeigen lassen.
Anschließend lassen sich die MR-Sequenzen auf bei MEVIS entwickelten Modellen veranschaulichen. Sie sehen aus wie richtige MR-Scanner, allerdings im Maßstab 1:10. »Wir haben es mit per 3D-Drucker gefertigt und mit LEDs und einem Soundmodul bestückt«, beschreibt MEVIS-Forscher Daniel Hoinkiss. »Wird eine Sequenz abgespielt, sind die für einen MR-Scanner typischen Geräusche zu hören, die LEDs zeigt durch ein Aufflackern unterschiedlicher Farben, wie das Gerät die Sequenz abarbeitet.«
Als nächster Schritt folgen Experimente an einem kleinen, aber voll funktionalen Scanner. Das sogenannte Tabletop-Gerät ist nur etwa so groß wie ein Kochtopf und kann kleine Gegenstände, sogenannte Phantome, untersuchen, die am Ende eines strohhalmgroßen Reagenzgläschens stecken. Damit lassen sich die gammaSTAR MR-Sequenzen einfach, preisgünstig und dennoch realitätsgetreu testen. Am Ende des Workshops geht es an den Ganzkörper-Scanner, den Fraunhofer MEVIS gemeinsam mit der Universität Bremen betreibt. Hier lässt sich demonstrieren, dass dieselben MR-Sequenzen, die in der Computersimulation und beim Tischgerät funktionieren, auch auf einem großen Scanner laufen.
Der zweitägige Workshop war ein Erfolg, weitere werden folgen. MEVIS plant bereits einen erweiterten Workshop für Forschungspartner und Experten, um die Verwendung von gammaSTAR in der Forschung zu etablieren. Die Software ist so bedienerfreundlich, dass der Nutzerkreis deutlich erweitert werden kann. »Das verspricht eine schnellere und effizientere Entwicklung von maßgeschneiderten MR-Sequenzen«, sagt Matthias Günther. »Wir arbeiten bereits mit einem Unternehmen zusammen, und ich bin optimistisch, dass sich gammaSTAR in Zukunft in der Branche etablieren wird.«