Ein marktreifes Softwareverfahren, das künftig die Diagnostik von Brustkrebs beschleunigen und verbessern kann. Dafür erhält Fabian Zöhrer, Physiker am Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS in Bremen, einen hochkarätigen Preis: Am 2. Dezember wird ihm in Chicago auf der weltgrößten Radiologie-Konferenz »RSNA 2014« der GHTC® – the German High Tech Champions Award verliehen. Die Auszeichnung bietet dem Forscher eine einzigartige Gelegenheit, sein Verfahren den weltweit führenden Medizintechnik-Unternehmen vorzustellen und anschließend in die kommerzielle Praxis zu überführen. Hinter der Software steckt ein dreiköpfiges Team: Neben Zöhrer zeigen sich Informatiker Joachim Georgii sowie MEVIS-Institutsleiter Horst Hahn für die Entwicklung verantwortlich.
Die Diagnostik von Brustkrebs ist heute auf vielfältige Weise möglich – per Mammographie, mit Ultraschall oder in einem Magnetresonanz-Tomographen (MRT). Kommt nur eine dieser Methoden zum Einsatz, kann es gerade bei Frauen mit sehr dichtem Brustgewebe sein, dass sich keine treffsichere Diagnose stellen lässt. Dann ist eine Kombination verschiedener Verfahren sinnvoll, wobei jedes von ihnen eine andere, komplementäre Information liefert.
Das Problem: Im MR-Scanner liegt die Frau auf dem Bauch, beim Ultraschall auf dem Rücken, während der Mammographie steht sie. Durch diese unterschiedlichen Lagen kann sich die Position eines Tumors oder einer verdächtigen Stelle drastisch ändern, was den Vergleich der unterschiedlichen Bilder erschwert.
Dieses Manko lässt sich mit der von Zöhrer und seinem Team entwickelten Software-Methode ausgleichen. Die »multimodale Positionskorrelation« kann die Lage etwa eines Tumors automatisch von einem Bilddatensatz in einen anderen übertragen. Dahinter steckt ein ausgefeilter Algorithmus, der die gesamte Brust als dreidimensionales Modell nachbildet. Dieses virtuelle Modell wird zunächst in viele kleine Kästchen unterteilt. Dann berechnet der Computer simultan für jedes Kästchen, wie stark sich seine Position bei einer Lageänderung des Gewebes verschiebt.
Das Ergebnis: Der Mediziner kann zum Beispiel auf einem Röntgenbild eine bestimmte, kritische Stelle im Gewebe markieren. Auf dem gleichen Monitor ist ein Ultraschallbild derselben Patientin zu sehen. Auf diesem Bild erscheint nun automatisch und ohne Verzögerung ein kleiner Kreis. Er zeigt den gleichen Bereich an, der auch auf dem Röntgenbild als kritisch betrachtet wurde, identifiziert von der MEVIS-Software. »Die Ärzte müssen die Gewebedeformation nicht mehr im Kopf nachvollziehen und abschätzen, wohin eine bestimmte Gewebestelle in einem anderen Bild gewandert ist, sondern sie werden von unserer Software unterstützt«, sagt Zöhrer. »Das vereinfacht die Prozedur, spart Zeit und vermeidet unter Umständen Fehler.«
Konkret ließe sich die Software in sog. PACS-Viewer integrieren. Das sind weit verbreitete, kommerzielle Bildspeicher- und Anzeigeprogramme, mit denen sich die Bilder unterschiedlicher Verfahren auf einem Bildschirm darstellen lassen. Doch auch in Workstations, die für einzelne Bildgebungsverfahren wie Mammographie oder MRT maßgeschneidert sind, würde die multimodale Positionskorrelation Nutzen bringen. Darüber hinaus verspricht das Verfahren weitere Einsatzmöglichkeiten: Bei klinischen Studien könnte es eine bestimmte Gewebestelle in den Aufnahmen verschiedener Probandinnen automatisch identifizieren. Und in künftigen Diagnose-Assistenzsystemen (Computer Aided Diagnosis CAD) könnte es die automatische Bilderkennung unterstützen.
Mit dem Preis erhält Zöhrers Team nun die Möglichkeit, die marktreife Innovation den weltweit wichtigsten Medizintechnik-Herstellern zu präsentieren. Die Auszeichnung wird auf der Radiologie-Konferenz »RSNA 2014« in Chicago verliehen. Auf dem anschließenden Business-Abend kann der MEVIS-Forscher das Projekt vor ausgewählten Industrievertretern vorstellen und vielversprechende Anwendungen und Geschäftsideen diskutieren.
GHTC® – the German High Tech Champions Award ist Teil des Verbundprojekts „Internationales Forschungsmarketing“, das die Alexander von Humboldt-Stiftung, der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Fraunhofer-Gesellschaft gemeinschaftlich durchführen. Ziel des Projekts ist es, für den Forschungsstandort Deutschland im In- und Ausland zu werben und sein Profil im globalen Wissenschaftsmarkt zu schärfen.
Alle im Rahmen des Projekts stattfindenden Maßnahmen sind Bestandteil der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Initiative „Werbung für den Innovations- und Forschungsstandort Deutschland“ unter der Marke „Research in Germany“. Weitere Informationen: www.research-in-germany.de