Auf der Jahrestagung der RSNA (Radiological Society of North America) in Chicago präsentiert Fraunhofer MEVIS unter anderem die folgenden vielversprechenden Innovationen für die KI-gestützte Medizin: SATORI hilft bei der Durchführung multizentrischer Studien. OncoChange unterstützt die Verlaufskontrolle bei Tumorbehandlungen.
Ob für Früherkennung, Diagnose oder Therapie – in der Medizin wird Künstliche Intelligenz zunehmend wichtiger. Ein Beispiel aus der Radiologie ist die Segmentierung. Bei ihr geht es darum, in medizinischen Bilddaten, etwa einer CT-Aufnahme, die unterschiedlichen Organe oder Organteile zu identifizieren und abzugrenzen. Eine KI kann diese aufwändige Routinearbeit innerhalb von Sekunden erledigen und das Personal merklich entlasten.
Die Entwicklung solcher Algorithmen geschieht idealerweise in multizentrischen Studien. »Gerade bei seltenen Pathologien sind multizentrische Studien notwendig, um eine breite Datenbasis für das Training der Algorithmen zur Verfügung zu haben«, betont Fraunhofer MEVIS-Forscherin Bianca Lassen-Schmidt.
Allerdings ist die Durchführung solcher Studien komplex: Verschiedene Kliniken arbeiten mit unterschiedlichen Dateiformaten und Computerprogrammen. Hier setzt das Software-Toolkit SATORI an. Es bereitet die Bilddaten aus verschiedenen Kliniken auf, macht sie vergleichbar und segmentiert die anatomischen Strukturen und Pathologien in den Bildern. Anschließend kann direkt aus SATORI heraus das Training einer neuen KI beginnen.
Erfolgreich eingesetzt wurde SATORI bei RACOON – einem Zusammenschluss der Radiologien aller 38 Universitätskliniken in Deutschland, der anlässlich der Corona-Pandemie initiiert wurde. Das Prinzip: Jeder Standort besitzt einen Server mit identischer Software – darunter das Fraunhofer MEVIS-Programm SATORI. Die Bilddaten werden lokal analysiert und die Resultate der einzelnen Kliniken werden auf dem RACOON Zentralserver aggregiert und ausgewertet. In der ersten Phase analysierten die Fachleute krankhafte Veränderungen der Lungen, später kam die Analyse von weiteren Daten wie zum Beispiel Herz-MRTs dazu.
Jetzt wird das Projekt auf viele weitere medizinische Fragestellungen ausgeweitet. Die Fraunhofer MEVIS-Software SATORI ist dafür gerüstet: »SATORI ist hochgradig konfigurierbar«, sagt Lassen-Schmidt. »Wir können das System auf spezielle Fragestellungen anpassen, wodurch genau das bearbeitet werden kann, was ein Forschungsteam vorhat.« Auf der RSNA demonstriert MEVIS die Anwendungsmöglichkeiten von SATORI beim RACOON-Netzwerk.
Das zweite System, OncoChange, das die Fraunhofer MEVIS-Experten präsentieren, adressiert die Tumor-Verlaufskontrolle bei Krebstherapien. In der bisherigen Praxis steht das Personal dabei vor mehreren Herausforderungen. So hängen die Ergebnisse der Tumor-Vermessung nicht selten von der durchführenden Person ab. Außerdem ist es nicht immer ganz einfach, einen Tumor auf einem später aufgenommen Bild zu lokalisieren.
OncoChange kann als Komplettlösung beide Aufgaben unterstützen. Nach dem Laden der Bilddaten kann die Software die Tumore präzise vermessen. Wird der Erkrankte nach mehreren Wochen oder Monaten erneut untersucht, kann OncoChange die Tumore wiederfinden, ihre Größe ermitteln und dadurch eine verlässlichere Bewertung des Therapieerfolgs erlauben. Damit entlastet das System die Ärztinnen und Ärzte und macht ihre Arbeit effizienter. »Als Folge müssen sich die Radiologen weniger mit den Bildern beschäftigen und haben mehr Zeit für ihre Patienten, etwa, um über die weiteren Behandlungsschritte zu sprechen«, sagt Fraunhofer MEVIS-Forscher Bernd Kümmerlen.
Auf der RSNA präsentiert das Fraunhofer MEVIS-Team einen Demonstrator, der das Potenzial der KI aufzeigt: einzelne Komponenten von OncoChange, wie die genaue Tumorsegmentierung oder die Verlaufsregistrierung, lassen sich in bestehende Systeme integrieren, etwa in PACS-Viewer. Zurzeit verhandelt Fraunhofer MEVIS mit mehreren Industriepartnern, um bestimmte OncoChange-Komponenten in deren Produkte zu integrieren.
Weitere Themen, die das Fraunhofer MEVIS auf der RSNA präsentiert: