Fraunhofer MEVIS will kompakte MRT-Geräte als Wegbereiter für Forschung und Bildung nutzbar machen
Vortrag »MRI Sequence Composition Beyond Academia« und Workshop »Prototype your own MRI Sequence« am 4. April in Kooperation mit dem Institute for Design Informatics (IDI), University of Edinburgh
Fraunhofer MEVIS stellt das Konzept Mitarbeitenden und Studierenden, sowie einer interessierten Öffentlichkeit in Edinburgh vor. Der direkte Austausch mit den Teilnehmenden soll ein tieferes Verständnis für die Möglichkeiten und Herausforderungen der MRT-Sequenzentwicklung fördern.
Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht auf schonende Weise Einblicke in den menschlichen Körper. Deshalb zählen MRT-Scanner zum Standardinventar in Kliniken und Radiologiepraxen. Allerdings ist deren Programmierung komplex und benötigt ausgeprägtes Spezialwissen. Das will eine Initiative des Fraunhofer-Instituts für Digitale Medizin MEVIS in Bremen nun ändern: Die Einrichtung hat mehrere kleine MRT-Tischgeräte angeschafft. Die Fachleute wollen sie mit der hauseigenen Software-Plattform gammaSTAR kombinieren. Dadurch wird die Programmierung vereinfacht und standardisiert, sodass die Sequenzen später auch auf großen MRT-Scannern laufen können. Das soll Studierenden den Einstieg in die Technik erleichtern und Nichtfachleute in die Lage versetzen, MRT-Applikationen zu programmieren.
Die Programme, die die Scanner steuern, heißen MRT-Sequenzen. Dabei handelt es sich um spezifische Anweisungen, die bestimmen, wie ein Scan durchgeführt wird, um das gewünschte Bildergebnis zu erzielen. Allerdings ist die Erstellung dieser Sequenzen hochkomplex: Die Entwicklungsumgebungen sind in den letzten Jahrzehnten evolutionär gewachsen und basieren auf teils alten Programmierstandards. »Um sich da einzuarbeiten, braucht es viele Monate«, beschreibt Fraunhofer-Forscher Matthias Günther. »Deshalb bleibt es bislang spezialisierten Fachleuten überlassen, solche MRT-Sequenzen zu erstellen.«
Die Folge: Wollen Mediziner:innen eine Sequenz für ein bestimmtes Einsatzfeld optimieren, können sie das in der Regel nicht alleine machen, sondern müssen die Hilfe von MRT-Fachleuten in Anspruch nehmen. Schwierig ist auch die Situation für Studierende, die gerne eine Masterarbeit zum Thema MRT schreiben würden: Die Einarbeitung in die Sequenzprogrammierung wäre so mühselig, dass sie schlicht zu lange dauern würde.
Um diese Schwierigkeiten zu beheben, hat Fraunhofer MEVIS fünf besondere Geräte angeschafft – kompakte MRT-Scanner, die auf einen Tisch passen und für ihren Betrieb lediglich eine Steckdose und eine Laptop-Verbindung benötigen. Drei der Geräte wurden von Resonint Ltd. und zwei am Forschungscampus STIMULATE entwickelt. Sie ähneln eher einem Küchengerät als den komplexen MRT-Scannern mit ihren supraleitenden Magneten in den Krankenhäusern. »Sie sind mit einfachen, normalleitenden Magneten ausgestattet, liefern aber dennoch eine gute Bildauflösung«, erläutert Günther. »Allerdings können diese Tabletop-Scanner nur relativ kleine Proben untersuchen, etwa den Inhalt eines Reagenzglases.« Zum Teil aber sind sogar dynamische Flussmessungen machbar, die den Blutfluss simulieren können.
Bereits heute werden solche Tischgeräte für Lehre und Ausbildung verwendet.
Fraunhofer MEVIS will das Einsatzspektrum deutlich erweitern. Ein Schlüsselelement ist die in Bremen entwickelte Software-Plattform gammaSTAR. Sie zielt darauf ab, die Sequenzentwicklung so zu standardisieren, dass ein- und dieselbe Programmierung für Geräte unterschiedlicher Hersteller anwendbar ist. Zudem bietet sie ein benutzerfreundliches Interface, das auch Nichtfachleuten die Entwicklung von MRT-Sequenzen ermöglicht. Durch die modulare Zusammensetzung von Sequenzen lässt sich intuitiv experimentieren und optimieren, ohne tiefgreifende Kenntnisse in der MRT-Technik oder Programmierung zu benötigen.
Ferner soll die Entwicklung durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz unterstützt werden. Die Idee: Die Nutzer:innen brauchen künftig nur noch ihre Anforderungen an eine Sequenz zu formulieren. Dann hilft der Algorithmus, diese Anforderungen automatisch in eine effektive MRT-Sequenz zu übersetzen. Das würde den Entwicklungsprozess beschleunigen und neue Möglichkeiten eröffnen, etwa für die personalisierte Medizin.
»Die Fähigkeit, MRT-Sequenzen auf kleinen, kostengünstigen Geräten zu testen, bevor sie auf großen Scannern eingesetzt werden, wäre ein deutlicher Fortschritt«, betont Günther. »Das würde eine schnellere und effizientere Entwicklung von maßgeschneiderten Sequenzen erlauben.« Fraunhofer MEVIS plant, die Geräte sowohl in der Lehre als auch in der Forschung umfassend zu nutzen. Workshops und Praxisseminare sollen Studierende motivieren, sich mit der MRT-Sequenzentwicklung auseinanderzusetzen und eigene Projekte zu realisieren, etwa im Rahmen von Masterarbeiten. Die einfache Handhabung und Zugänglichkeit der kompakten Geräte zusammen mit der gammaSTAR-Plattform versprechen, die Hürden für den Einstieg in die komplexe Technologie zu senken.
Interessant erscheint auch der Einsatz der Tischgeräte bei Vermessung sogenannter MRT-Phantome. Das sind künstliche Organmodelle, mit der sich neue MRT-Verfahren und -Sequenzen unkompliziert erproben lassen. »Für den Einsatz in Tabletop-Geräten lassen sich solche Phantome per 3D-Druck herstellen«, erläutert Matthias Günther. »Das ist einfacher und günstiger als die Produktion großer Phantome, wie wir sie für gewöhnliche MRT-Scanner benötigen.« Mit den Miniphantomen können die Forschenden dann optimierte Sequenzen für bestimmte diagnostische Fragestellungen entwickeln und mit der Unterstützung durch gammaSTAR auf die großen, klinischen MR-Scanner übertragen.
Vortrag: MRI Sequence Composition Beyond Academia
12:00-13:00 BST, 4. April, 2024, Bayes Centre, Edinburgh
Workshop: Prototype your own MRI Sequence
13:30-15:30 BST, 4. April, 2024, Bayes Centre, Edinburgh