Fruchtbarer Austausch zwischen Kunst und Wissenschaft
Dialog über verantwortungsvolle Forschung und Innovation
Dialog über verantwortungsvolle Forschung und Innovation
Am 5. Juni präsentiert die Fraunhofer-Gesellschaft im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Wissenschaft und Kunst im Dialog“ in Berlin die taiwanesische Künstlerin Yen Tzu Chang. Sie hat am Fraunhofer-Institut für Bildgestützte Medizin MEVIS im Rahmen einer Künstlerresidenz die Performance „Whose Scalpel“ entwickelt. Institutsleiter Horst K. Hahn und der künstlerische Leiter der Ars Electronica, Gerfried Stocker, loten im Anschluss den Begriff der Komplexität in Kunst und Medizin und die möglichen Folgen für unsere Gesellschaft in einer offenen Diskussion aus.
Die Performance thematisiert die Zukunft der Beziehung von Mensch und Maschine in der Chirurgie. Die Installation basiert auf einer per 3D-Drucker hergestellten Nachbildung des Herzens der Künstlerin, bestückt mit Lichtquellen und elektronischen Klanggebern. Während der Performance agiert Yen Tzu Chang als „Chirurgin“, die mit Hilfe von Kabeln einen Bypass legt und sich dabei von einer Künstlichen Intelligenz anleiten lässt. Für das Fraunhofer MEVIS ist die Zusammenarbeit mit einer Künstlerin ein neues Format der Wissenschaftskommunikation. Eines der Ziele ist, die Teilhabe der Öffentlichkeit an neuen Technologien zu stärken und die Urteilsfähigkeit zu Chancen und Risiken derzeitiger Forschung zu verbessern. Mit der Künstlerresidenz verfolgte das Fraunhofer MEVIS zudem das Anliegen, aktuelle Forschungen und Technologien für eine Künstlerin zugänglich zu machen und neue Berufsfelder zu erschließen.
Die Künstlerin Yen Tzu Chang arbeitete im Rahmen der Künstlerresidenz „STEAM Imaging“ vor Ort am Institut und setzte sich mit der in Bremen entwickelten Expertenplattform MeVisLab auseinander, die für gewöhnlich zur Entwicklung medizinischer Softwaresysteme dient. Wichtiger Bestandteil des Projektes war die Zusammenarbeit mit Schülern. Gemeinsam mit den Wissenschaftlern gestaltete Chang Workshops für die jungen Forscher und entwickelte im Laufe der Residenz ihr eigenes Kunstwerk, die Performance-Installation „Whose Scalpel“.
Die Aufführung der Performance ist Teil der Veranstaltung „The Art of Complexity“ am 5. Juni 2018 um 18 Uhr im Fraunhofer-Forum Berlin. Als Start für die folgende Gesprächsrunde halten Horst Hahn und Gerfried Stocker Impulsvorträge. Beide nähern sich dem Thema „Komplexität“ aus verschiedenen Richtungen: Wie wirkt sich die stetig zunehmende Menge von Informationen und Bilddaten auf die Medizin von morgen aus, welche Rolle wird die Künstliche Intelligenz dabei spielen? Und wie können Künstler dazu beitragen, die steigende Komplexität neuer Technologien greifbar zu machen und damit den gesellschaftlichen Diskurs zu katalysieren?
Als 2003 die ersten Kunstausstellungen im Fraunhofer-Haus in München zu sehen waren, griffen diese die Frage nach der Verbindung zwischen den beiden Welten Wissenschaft und Kunst auf. In unserer Gesellschaft scheinen diese beiden Bereiche zunächst wenig miteinander zu tun zu haben: Die Wissenschaft wird mit Rationalität und Technik assoziiert, die Kunst dagegen ist individuell, spricht Gefühle an, gilt vor allem als subjektiv. Die Veranstaltungsreihe bietet Künstlern und Wissenschaftlern die Möglichkeit, in einen Dialog zu treten, Kontakte zu knüpfen und Gemeinsamkeiten auszuloten. Für die angewandte Forschung ist gegenseitiger Austausch die vitalisierende Basis, deshalb ist der Dialog mit Kunstschaffenden, die Wissenschaft und Technologie in ihren Arbeiten thematisieren, sehr fruchtbar. Komplexe wissenschaftliche Themen können durch den Blickwinkel der Kunst auf neue Weise erkennbar gemacht werden.
Ein Ziel der Kooperation zwischen Einrichtungen in der Forschung und Entwicklung wie dem Fraunhofer MEVIS und der Ars Electronica, einem weltweit etablierten und anerkannten Zentrum für elektronische Medienkunst, ist es, Wissenschaftler und Künstler in sog. Residenzprogrammen zusammenzubringen. Sie geben Kunstschaffenden die Gelegenheit, über mehrere Wochen die Laboratorien und Werkstätten führender Forschungseinrichtungen zu besuchen, um dort die Wissenschaftler, ihre Arbeiten und neue Technologien intensiv kennenzulernen.
„Diese Künstlerresidenzen haben sich als wertvolles Format für eine konkrete Auseinandersetzung zwischen Kunst und Wissenschaft erwiesen“, sagt Veronika Liebl, Co-Direktorin des Ars Electronica Festivals. „Sie schaffen Raum für ein intensives Experimentieren und können komplexe, wissenschaftliche Themen und technologische Auswirkungen verständlich und sichtbar machen. Mit Fraunhofer MEVIS arbeiten wir schon seit Jahren zusammen“, betont Veronika Liebl. „Die Veranstaltung bietet eine Gelegenheit, weitere Kontakte zu knüpfen und künftig auch verstärkt mit anderen Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft zusammenzuarbeiten.“
Die Ars Electronica organisiert solche Residenzen bereits seit Jahren, unter anderem mit dem Teilchenforschungszentrum CERN in Genf und der europäischen Weltraumagentur ESA. Dabei geht es neben dem interdisziplinären und interkulturellen Austausch auch um die Ermöglichung neuer künstlerischer Qualitäten und neuer Betätigungsfelder für Künstler in der Forschung und Innovation – etwa im Rahmen der STARTS-Initiative der Europäischen Kommission, deren Ziel es ist, Kunst und Kreativität in informations- und kommunikationstechnologische Innovationsprozesse zu integrieren. 2017 folgte schließlich das Projekt mit der Künstlerin Yen Tzu Chang und dem Fraunhofer MEVIS in Bremen im Rahmen des European Digital Art and Science Network und mit starkem Fokus auf Bildung und die nächste Generation.